Der Diagonalschritt und seine Tücken

Was gibt es im Langlauf Schöneres, als mit einem gut gewachsten Ski einen schönen Diagonalschritt durch einen frisch verschneiten Wald zu laufen? Der Diagonalschritt ist der Schritt im Langlauf, der am nächsten an ein natürliches Bewegungsmuster herankommt. Die meisten Menschen haben leider das Gehen, wie es die Evolution für uns vorgesehen hat, verlernt. Daher fällt es ihnen auch schwer, einen sauberen Diagonalschritt zu laufen. Hinzu kommt, dass die meisten Menschen durch das viele Sitzen die Hüftbeuger verkürzt haben. Ein weiterer erschwerender Faktor ist die schlechte Mobilität im Sprunggelenk. Speziell bei Frauen, die Schuhe mit hohen Absätzen tragen, ist diese Mobilität manchmal fast nicht mehr existent. Auch schon eine kleine Erhöhung der Sohle, wie es die meisten Schuhe haben, reicht um die Mobilität bei der Dorsiflexion (Fussrücken gegen das Schienbein beugen) zu beeinträchtigen.

Viele Langläufer quälen sich stundenlang mit Übungen ab, um den Abstoss beim Diagonalschritt zu verbessern. Das ist vergebene Mühe, die oft zur Frustration führt. Ich sehe leider auch immer wieder Langlauflehrer, die mit ihren Schülern Übungen machen, um einen wirksameren Abstoss zu erreichen. Das ist leider, wie so oft Symptombekämpfung und nicht Ursachenbekämpfung. Wie können wir die Grundlagen für einen sauberen Diagonalschritt schaffen? Die Antwort ist ganz einfach: Wir müssen lernen wieder richtig zu gehen.

Gehen

Sie denken sich jetzt wahrscheinlich folgendes: „Ich muss doch nicht mehr gehen lernen, das mache ich doch schon fast mein ganzes Leben.“ Dann frage ich Sie: „Wann sind Sie zum letzten Mal barfuss durch den Wald gegangen oder sogar gelaufen?“ Wenn Sie wie die meisten Menschen sind, können Sie sich wahrscheinlich gar nicht mehr daran erinnern. Habe ich recht? Barfussgehen ist die Grundlage, um das richtige Gehen wieder zu erlernen. Das würde jetzt zu weit führen wenn ich Ihnen hier von Grund auf erklären würde wie das richtige Gehen funktioniert. Ich habe das in einem weiteren Blog in einer ganzen Artikelserie beschrieben. Wenn Sie den Instruktionen dort folgen und ausreichend üben, dann haben Sie die Grundlage für einen sauberen Diagonalschritt gelegt.

Diagonalschritt

Wie beim Gehen funktioniert ein Diagonalschritt nur, wenn beim Verlagern des Gewichtes auf das „neue“ Bein Ihre Gluteii (Gesässmuskeln) aktiviert werden. Wenn diese aktiviert werden, wird der Femurkopf richtig im Acetabulum (Hüftgelenkpfanne) zentriert. Durch diese Zentrierung wird das ganze Bein in der Sagitalebene stabilisiert. Das ermöglicht, dass die Rumpfkraft auf den Abstossski übertragen werden kann. Zugleich wird auch die ganze hintere Faszie aktiviert. Diese Faszie verbindet die Zehen mit dem Kinn und zwar über die Hinterseite der Beine, den Rücken, über den Hinterkopf und entlang dem Scheitel. Damit diese Faszie aktiviert wird ist es wichtig, dass Sie die Zehen flach in den Schuh drücken und das Kinn nach hinten schieben. Das klingt alles ziemlich komplex, aber haben Sie keine Angst. Es gibt einen einfachen Weg wie Sie das Ganze umsetzen können, ohne dass Sie an die Gluteii und die hintere Faszie denken müssen.

Abstossbein

Denken Sie ganz einfach daran, dass Sie bei jedem Schritt mit dem ganzen Fuss – auch mit den Zehen – den Boden unter Ihnen wegrücken wollen. Sie bekommen den Druck allerdings nur auf den Boden, wenn Ihre Wirbelsäule neutral ist. Auch das ist ganz einfach. Stellen Sie sich vor wie zuoberst an Ihrem Hinterkopf ein Faden befestigt ist und Sie jemand an dem Faden hochzieht. Wenn Sie diese zwei Sachen konsequent durchführen, dann haben Sie in Ihrem Körper alles aktiviert was für eine Diagonalschritt wichtig ist. Jetzt müssen Sie sich nur noch nach vorne kippen lassen, bevor Sie den Schritt vollenden und schon sind Sie einen Schritt weiter. Achten Sie jedoch darauf, dass die Drehachse der Kippbewegung das Sprunggelenk ist und nicht etwa die Hüfte.

Üben Sie den ganzen Vorgang zuerst ohne Ski und achten Sie darauf, dass die ganze Fusssohle so lange wie möglich flach auf dem Boden bleibt. Machen Sie dabei nur so lange Schritte, dass Ihr Fuss während dem ganzen Schritt flach auf dem Boden bleibt. Falls Sie einer der vielen Menschen mit eingeschränkter Sprunggelenk Mobilität sind, werden die Schritte am Anfang ziemlich kurz ausfallen. Das ist völlig normal. Wenn Sie das konsequent üben, wird sich die Sprunggelenk Mobilität sehr schnell verbessern und Sie können immer grössere Schritte machen. Eine weitere Übung, wie Sie Ihre Sprunggelenk Mobilität verbessern können, funktioniert folgendermassen. Laufen Sie eine Treppe hinunter und achten Sie darauf, dass der Fuss flach auf dem Boden bleibt bis Sie mit dem anderen Fuss auf der darunter liegenden Stufe auftreten.

Das hintere Bein und die Arme

Bis jetzt haben wir uns ausschliesslich auf das Abstossbein konzentriert. Jetzt ist die Frage: Was machen wir mit dem hinteren Bein. Die einfache Antwort lautet: „Vergessen Sie das hintere Bein und lassen Sie es ganz locker.“ Durch den Schritt nach vorne wird die vordere diagonale Faszie gespannt. Wenn Sie das Bein locker lassen, katapultiert die Faszie das Bein von ganz alleine nach vorne in die richtige Position. Für die Arme gilt übrigens das Gleiche. Vergessen Sie die Arme und lassen diese tun, was Sie ohnehin tun wollen. Wenn Sie nicht an die Arme denken, bewegen sich diese automatisch in die richtige Position.

Auch für den Diagonalschritt gibt es unzählige Übungen die Sie in meinem Coaching Programm erlernen können. Da jeder Mensch einmalig ist, ist es notwendig zuerst eine Analyse des Gangbildes zu machen, worauf dann die spezifischen Übungen gestaltet werden können.

Viel Spass im Schnee

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