Asymmetrien, Mobilität und Stabilität haben einen grossen Einfluss auf unsere Bewegungsmuster und somit auf das Langlaufen.
Um einen effizienten Langlaufstil zu praktizieren müssen als erstes die Asymmetrien im Körper aufgelöst werden und als zweites die Mobilität in den Gelenken wieder hergestellt werden. Und drittens sollte die Stabilität verbessert werden. Mit diesem Satz ist eigentlich schon alles gesagt, was gesagt werden muss. Ich will Ihnen in diesem Artikel aber trotzdem die Hintergründe dieser Aussage erklären. Dieser Punkt ist übrigens der Grundgedanke, der hinter dem FMS (Functional Movement System) steckt. Lassen Sie mich als erstes die Begriffe Asymmetrien, Mobilität und Stabilität erklären.
Asymmetrien
Wenn wir von Asymmetrien sprechen, dann meinen wir Asymmetrien in der Beweglichkeit zwischen den beiden Körperhälften, (sagitale Ebene) aber auch Asymmetrien zwischen Agonisten und Antagonisten (frontale Ebene). Der Unterschied in der Beweglichkeit der beiden Hüftflexoren ist ein typisches Beispiel von Asymmetrien in der sagitalen Ebene. Sie können dies testen, indem sie sich flach auf den Rücken legen und beide Beine strecken. Heben Sie zuerst das gestreckte, rechte Bein hoch so weit es geht. Legen Sie es wieder auf den Boden ab und heben jetzt das linke Bein hoch. Falls Sie beide Beine nicht gleich weit hoch heben können, haben Sie eine Asymmetrie in den Hüftflexoren. Ein weiteres Beispiel von Asymmetrie ist die Rotation der Brustwirbel- oder der Halswirbelsäule. Typische Asymmetrien in der frontalen Ebene, sind das Verhältnis zwischen der Bewegung der Hüftstrecker (Agonist) und der Hüftbeuger (Antogonist). Bei vielen Langläufern und vor allem Skifahrehren, sind die Hüftbeuger schon fast hoffnungslos verkürzt. Wenn Sie die Hüftbeuger verkürzt haben, werden Sie Schwierigkeiten haben, einen effizienten Diagonalschritt zu laufen.
Mobilität
Um es vorweg zu nehmen; Mobilität hat nichts mit Flexibilität zu tun. Wenn wir von Flexibilität sprechen, dann meinen wir, dass ein Gelenk in einer Ebene möglichst weit bewegt werden kann. Am Beispiel von dem Beinheben würde das folgendermassen ausschauen. Sie liegen wieder auf dem Rücken mit beiden Beinen gestreckt. Jemand nimmt ihr rechtes Bein und hebt es so weit hoch wie es geht. Ziemlich sicher geht das Bein jetzt ein ganzes Stück weiter hoch als wenn Sie es selbst hoch gehoben haben. Das ist übrigens kein gutes Zeichen. Wieso das so ist, darauf kommen wir später zurück. Unter Mobilität verstehen wir die Möglichkeit ein Gelenk in allen seinen Freiheitsgraden zu bewegen. Und zwar bis zum Anschlag und nicht nur in einer Ebene.
Stabilität
Unter Stabilität verstehen wir die Fähigkeit, ein Gelenk in allen seinen Freiheitsgraden (wie bei der Mobilität) kontrolliert zu bewegen und auch das Gelenk während der Bewegung zu stabilisieren. Sie können das folgendermassen ausprobieren: Stellen Sie sich im Vierfüsslerstand auf den Boden. Dann heben Sie das rechte Bein vom Boden ab und bewegen es in alle Richtungen ohne das Becken zu bewegen. Jetzt machen Sie eine runde Bewegung, indem Sie das Bein angewinkelt zur Seite bis an den Gelenkanschlag hoch heben und dem Gelenkanschlag folgen, bis das Bein nach hinten oben zeigt. Achten Sie darauf, dass sich die Bewegung rund anfühlt und nicht wie bei einem schlecht programmierten Roboter. Falls das der Fall ist, lässt Ihre Stabilität zu wünschen übrig.
Zusammenhänge
Falls Sie festgestellt haben, dass Ihre Stabilität nicht Ihren Wünschen entspricht, dann werfen Sie sich nicht gleich ins Zeug und fangen an die Stabilität zu verbessern. Wenn Sie das tun, werden Sie falsche Bewegungsmuster weiter stärken, was das ganze auf lange Sicht noch schlimmer macht. Wie ich bereits in der Einleitung zu diesem Artikel erwähnt habe, müssen zuerst die Asymmetrien aufgelöst werden. Bevor wir diese auflösen können, sollten wir zuerst wissen, ob und in welchem Masse sie existieren. Dies geschieht mit dem Screening System, das auch bei FMS verwendet wird. Durch gezielte Übungen (nicht durch Stretching) können diese aufgelöst werden.
Erst wenn die Asymmetrien aufgelöst sind, können wir uns mit der Mobilität beschäftigen. Auch dafür gibt es spezielle Übungen, die ganze Bewegungsabläufe trainieren und nicht bloss isolierte Bewegungen. Fangen Sie bitte nicht mit einem Stretchingprogramm an. Mittlerweile sind sich alle Fachleute einig, dass statisches Stretching nicht der richtige Weg ist, um die Mobilität zu verbessern. Warum das so ist, werde ich in einem anderen Artikel erläutern.
Zu guter Letzt stellen wir sicher, dass das Gelenk stabil über den gesamten Bewegungsablauf und -umfang bewegt werden kann. Das Ziel ist hier, dass Sie alle Gelenke kontrolliert bis an den Gelenkanschlag bewegen können. Falls ein Gelenk sehr flexibel ist, aber eine mangelnde Stabilität aufweist, ist das sehr gefährlich und es wird anfällig für Verletzungen. In dem Bereich, zwischen dem Sie das Gelenk aktiv (mit eigener Kraft und Kontrolle) bewegen können und dem, wo das Gelenk passiv (mit fremder Kraft) bewegt werden kann, kann ihr Nervensystem das Gelenk nicht mehr kontrollieren. Falls das Gelenk durch eine äussere Krafteinwirkung in diesen Bereich bewegt wird, entsteht in den meisten Fällen ein Verletzung.
Krafttraining ist nicht die Lösung
Für die Gelenkstabilität sind vor allem die kleinen Gelenkstabilisatoren verantwortlich, wie zum Beispiel die Rotatorenmanschette in der Schulter. Daher macht es keinen Sinn, Krafttraining zu machen, bei dem die grossen Bewegungsmuskeln trainiert werden. Im Fall der Schulter der Deltoideus. Krafttraining mit freien Gewichten wäre noch halbwegs akzeptabel, aber Krafttraining an Maschinen wäre völlig am Ziel vorbeigeschossen. Bei den Maschinen sind die Gelenkwege genau vorgegeben und dadurch werden die Gelenkstabilisatoren völlig ausgeschaltet. In den meisten Fällen ist das Problem nicht, dass die Stabilisationsmuskeln zu schwach sind, sondern sie werden zu spät oder gar nicht aktiviert. Normalerweise werden die Gelenkstabilisatoren vor den Bewegungsmuskeln aktiviert. Das stellt sicher, dass das Gelenk in der richtigen Position ist und während der ganzen Bewegung auch dort bleibt. Auch das macht klar, wieso Krafttraining nicht das gelbe vom Ei ist, wenn es darum geht, die Gelenkstabilität zu verbessern. Hierfür werden gezielte Übungen eingesetzt, die die Gelenkstabilisatoren ansprechen und die Bewegungsmuskeln ausser Acht lassen.
Sobald Sie Ihre Asymmetrien aufgelöst, sowie die Mobilität und die Stabilität verbessert haben, werden Sie beim Langlaufen einen deutlichen Unterschied spüren. Wie Sie sich sicher vorstellen können, ist das nicht ein Prozess, der von heute auf morgen umgesetzt werden kann. Daher macht es Sinn, schon im Frühling anzufangen, an diesen Punkten zu arbeiten. So können Sie gut vorbereitet in die nächste Wintersaison starten und das Langlaufen noch mehr geniessen.
Viel Spass im Schnee